|
im www. LeineBlick.de |
![]() English version |
Begrüßung
Zweite Lieferung - Meine Familie
Dritte Lieferung - Weihnachten
Vierte Lieferung - Meine große Liebe
Fünfte Lieferung - Mein Freund, der Mensch
Sechste Lieferung - Winterfreuden
Siebte Lieferung - Beim Tierarzt
Achte Lieferung - Vom Reisen
Begrüßung
Grüß Gott, mein Name ist Jimmy aus der Bauernhöhle.
Rudelmitglieder, die mir freundschaftlich oder verwandschaftlich verbunden
sind, dürfen Benno zu mir sagen. Zur Zeit jagt mein
Rudel im Bereich Garbsen, einer kleiner Vorstadt von Hannover im Norden
der Bundesrepublik Deutschland. Von hier aus geht heute mein Gruß
an alle Welshies der Welt, dies in der Hoffnung, dass sich so tiefere Beziehungen
zu Artgenossen werden knüpfen lassen, sofern diese von einer ähnlich
freundlichen und kommunikativen Wesensart sind wie ich.
|
meinen Anteil an der Beute in der Regel bereits filetiert und portioniert
in meinem Fressnapf vor - ein Phänomen, an dessen Erklärung ich
noch arbeite. Im Übrigen scheinen meine Rudelführer eine Jagdbeteiligung
meinerseits auch nicht zu wünschen - wie könnte es sonst zu begreifen
sein, dass ich mich in meiner Bewegungsfreiheit beständig durch eine
zwar lange, den Radius aber empfindlich limitierende, seilähnliche
Zugvorrichtung eingeschränkt sehe. Dies ist umso unverständlicher,
als ich mich selber, sozusagen naturseitig und in aller Selbstbescheidung,
als außerordentlich jagdlich einstufen möchte, ausgestattet
mit einer gehörigen Portion an Mut und Entschlusskraft, wenn nicht
gar an Draufgängertum. Von daher glaube ich ganz fest daran, Entscheidendes
zur Lösung der permanenten Ernährungskrise in meinem Rudel beitragen
zu können, wenn man mir die entsprechenden Freiräume gestatten
würde. So muss ich mich täglich mit einer traurigen Schale Beute
zufrieden geben, die mir gönnerhaft vom Rudelführer zugeschoben
wird, aber niemals in der Lage sein kann, meinen Riesenhunger
zu mindern, geschweige denn zu stillen.
Geschwächt vom Verfassen dieser ersten Nachricht, im Übrigen aber glücklich und voller Vorfreude auf mögliche Antworten, von denen ich viele erwarte, bleibt mir für heute nur noch die Ankündigung des festen Vorsatzes, dass ich mich in Zukunft, wenn nicht in regelmäßigen, so doch in erwartbaren Abständen von zirka einer Woche über diese Adresse zu Wort melden werde, um allen Welsh-Freunden meine Einschätzung der Dinge mitzuteilen, und zwar aus der kenntnis- und perspektivenreichen Sicht eines Terriers. |
Garbsen, Sonntag, den 17.12.2000
|
Wäre es mir gestattet, am Ende dieses Briefes einen Wunsch zu äußern, so müsste es der folgende sein: Sollte irgendwer aus dem großen Kreis der Welshie-Freunde etwas über den Verbleib meiner Brüder und Schwestern wissen, so bitte ich dringlichst um Nachricht (mail: peso2151@t-online.de oder peso2151@aol.com). Auch die Identität von mir unbekannten Tanten und Onkeln welchen Grades auch immer sollten mir zu Gehör kommen. Hierzu will ich noch die Großeltern väter- und mütterlicherseits in Erwähnung bringen: auf der britischen Linie sind es der stolze Groveview Welsh Knight und seine Gattin Felstead Fix It, mütterlicherseits sind es der unvergessene Abbo a.d. Bauernhöhle und seine Gattin Debbie. Bis zum nächsten Mal |
Dritte Lieferung - Weihnachten
Der Gipfel der geistigen Verwirrung, meine lieben Welshies, ist erreicht, wenn meine Rudelmitglieder all die gerade schön eingewickelten Beutestücke an dem Tag, den sie Weihnachten nennen, wieder auswickeln und ein Riesenspektakel darum machen. Dabei fallen sie übereinander her, stupsen sich mit den Schnauzen und heulen und jaulen wenig später seltsame Gesänge, die ich mit meiner sonoren Stimme, mit der Mutter Natur uns Welshies ja nun einmal verschwenderisch ausgestattet hat, einfühlsam zu unterstützen weiß. |
Findet die eine Festivität ihr Ende, beginnt auch schon die nächste, Silvester und Neujahr genannt. Hiervon ist eigentlich nicht mehr zu berichten, als dass das Rudel sich mit Gleichgesinnten zusammentut, große Mengen Beute verzehrt, und dabei Unmassen an Getränken zu sich nimmt, wobei alle durcheinander bellen. Tief in der Nacht beginnt dann der für mich interessante Teil des Festes, denn wie auf ein geheimes Kommando hin stürzen alle vor die Wohnhöhle, wobei ein lautes Knallen und Krachen anhebt, das meine jagdlichen Instinkte bis in jede Faser meines erregt zitternden Körpers drängt. Leider kann ich auch diesmal wieder keine Beute machen. Liebe Welshie-Freunde, für heute bleibt mir nichts anderes, als euch ein ruhiges Ausklingen des alten Jahres zu wünschen, verbunden mit der Hoffnung, das im neuen Jahr, in dem ihr wieder von mir hören werdet, all eure Wünschen in Erfüllung gehen werden. Bleibt euch treu und lasst euch nicht verbiegen, Euer Benno aus der Bauernhöhle ![]() zum Anfang |
Vierte Lieferung - Meine große Liebe
Große Freude herrscht des Morgens, wenn ich meinen kleinen Liebling
auf dem Nachbargrundstück erspähe. Unter beiderseitigem
Quitschen und Wimmern stürzen wir zum trennenden Zaun und beginnen
dort unsere wilde Jagd, bei der wir gewissermaßen spiegelbildlich
versetzt,mit dem Zaun als Mittelachse, hart aneinander, aber jeder
auf seiner Seite den Zaun entlang hetzen. Wie auf ein geheimes Kommando
werfen wir uns beide am Ende herum und jagen zurück, dies mehrere
Male, um dann plötzlich in der Mitte stehen zu bleiben und unsere
Nasen durch den Zaun hindurch aneinander zu reiben - oh himmlischeWonnen.
|
Ob es mir gelingt, mein Sally-Mädchen mit diesem Programm wirklich zu beeindrucken, vermag ich nicht zu sagen, denn immer dann, wenn ich das süße Hinterteil meiner Geliebten vor mir sehe und vom Vorspiel zur hauptsächlichen Angelegenheit übergehen will, reißt mich erbarmungslos die gemeine Leine des Rudelführers zurück. Doch genug der Klagen: Himmlische Rosen ins irdische Leben.“ Bis bald, euer Benno
|
viele Briefe habe ich erhalten mit der Bitte, meine kenntnisreiche Aufmerksamkeit doch einmal dem Thema „Der Mensch , ein guter Freund des Hundes“ zuzuwenden. So sei es denn. Beginnen wir mit ein paar allgemeinen, als gesichert geltenden Erkenntnissen: Der Mensch ist infolge seines langen, Jahrtausende währenden Kontaktes, ja sagen wir ruhig seiner langen Partnerschaft mit dem Hund in einer Weise sozialisiert worden ,dass wir ihn gerne als den idealen Begleiter unserer Rasse Weiterhin scheint das menschliche Wesen auch mit einem starken, oft bis ins hohe Alter reichenden Spieltrieb ausgestattet zu sein, der es ihm erlaubt, mit einer nie erlahmenden und eigentlich nur durch Schwachsinn zu speisenden Energie Stöckchen durch die Luft zu werfen, die wir ihm dann, eher aus Mitgefühl denn aus eigenem Interesse, apportieren. Auch die für unser seelisches Wohlbefinden dringend notwendigen Streicheleinheiten erhalten wir vom Menschen immer in ausreichendem, wenn nicht gar schon in übertriebenem Maße. Kenner unserer Lebenssituation neigen in jüngster Zeit jedenfalls zu der Ansicht, dass dem Menschen die unangenehme Angewohnheit zukommt, ihre |
Wer sein Leben in Glück und Würde verbringen möchte und dabei ein Zusammenleben mit dem Menschen in Betracht zieht, der sollte vor diesem entscheidenden Schritt ehrlich die folgenden Fragen beantworten: 1) Kann und will ich die nächsten 15 Jahre mit einem sauberkeitsfanatischen Frauchen verbringen, das bei jeder Fussspur, die ich durchs Haus ziehe, in Ohnmacht fällt? 2) Möchte ich die besten Jahre meines Lebens einem joggenden oder Fahrrad fahrenden Herrchen opfern, das mich beständig aus meinen süßestens Liebesträumen reißt und dies in der wohlmeinenden Absicht, mir durch solche sportiven Aktivitäten etwas Gutes zu tun? 3) Will ich Ruhe und Muße eines abgeschiedenen Waldlebens zugunsten des Lärm und Gezeters von unerzogenen Kindern aufgeben, die mich ständig mit blöden Spielchen glauben erfreuen zu müssen, in Wahrheit aber von der Lösung wichtiger Lebensfragen abhalten? Bis bald euer Benno |
Zudem sucht der federlose Zweibeiner seine Befriedigung ganz entschieden eher im spirituellen, denn im animalischen Bereich, was glückserfahrene Welshies leicht als fruchtloses Unternehmen entlarven können. Zieht es uns in diesen herrlichen kalten Wintertagen mit Macht in die verschneite Landschaft, wo wir die Nase, |
Euer Benno aus der Bauernhöhle |
Liebe Welshie-Freunde,![]() neben der Kontemplation ist es wohl in ausgezeichneter Weise das tugendhafte Leben, welches dem Aristoteles und mir ein Maximum an Glückseligkeit verspricht. So einer Meinung mit einem der hervorragendsten Vertreter der denkenden Zunft will ich in diesem Briefe euch, meine Freunde, bekannt machen mit einem der zugleich dunkelsten und lichtesten, somit also widersprüchlichsten Kapitel unserer Existenz.
Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre Schatten voraus und so
weiß auch ich dank meines untrüglichen Instinktes, geweckt durch
eine lange Reihe vorbereitender Indizien und bestätigt durch den Anblick
des obigen Zeichens, das der fragliche Tag wieder einmal gekommen
ist.
Besonnene Vorsicht, gepaart mit dem mir eigenen Witze, lassen mich sofort
in die Pose bremsender Sturheit verfallen, aus der mich keine guten Worte
des Rudelführers befreien können...
|
Gänzlich erniedrigend, weil an orientalische Sklavenmärkte
erinnernd, nimmt sich demgegenüber das Zurschaustellen und Begutachten
meines Gebisses aus.
![]() |
![]() |
Nach der nun folgenden gottlob schmerzfreien Exploration meiner Ohren
springe ich mit einem Satz vom Tisch, nicht ohne meinem Peiniger das große
Wort der Luise aus Schillers „Kabale und Liebe“ zugerufen zu haben: „Höre,
Mensch, du gingst beim Henker zur Schule. Du treibst ein trauriges Handwerk,
wobei du ohnmöglich selig werden kannst.“
Gottlob folgt zum Schluss noch eine Schmuseeinheit mit Weisskittels Hundedame vom Stamme der Labradore. Bis zum nächsten Mal,
|
![]() |
Das Schnupperparadies der italienischen Märkte
Mehr als einen Monat habe ich verstreichen lassen, meine lieben Welshie-Freunde, bevor ich nun endlich die Kraft und Muße finde, meine Reiseimpressionen schriftlich niederzulegen. Zu stark waren noch die vielfältigen Geruchseindrücke, zu lebendig auch die Bilder der wunderbaren italienischen Hundedamen, hier nur "bella donna" genannt, als dass ich sie sofort und unverdaut hätte niederschreiben können. Seit jeher, meine Lieben, stehe ich, was das Reisen betrifft, unter dem Banne der empfindsamen Reisebeschreibungen eines Laurence Sterne, aber auch unter dem der französischen Reiseliteratur des 18. Jahrhunderts, ja selbst der Einfluss eines Moritz August von Thümmel ( "Reise in die mittäglichen Provinzen" von 1881 ) ist nicht zu leugnen. Mit diesen "Spezialisten fürs Manisch-Depressive" teile ich die Auffassung vom Reisen als einem psychologischen Heilungsprozess, einem therapeutischen Unternehmen für die leidgeschundene Seele. Und wie alle großen Geister leide auch ich an der Krankheit unserer Zeit, dem Siechtum der Moderne, eben an der Hypochondrie.
Nur auf Reisen vermag ich für kurze Zeit dem selbstquälerischen
Schwermut, den zivilisatorischen Zweifeln zu entkommen und mich völlig
der heiteren Gelassenheit hinzugeben, die recht eigentlich meiner Wesensart
entspricht, gehöre ich doch erkennbar zu den "gente di mare" .
|
Nur an den mondänen Stränden der Italienischen Riviera gelingt es der mediteranen Sonne, die dumpf-brütende nordische Stumpfheit hinwegzuschmelzen und den heiteren Kern meiner Rasse freizulegen. Eigentlich ist ja das Ziel des Reisen -wenn da eine kurze Abschweifung erlaubt ist- weder das Wegfahren, noch das Ankommen, sondern das ungenannte und wahre Ziel des Reisens ist die Verwandlung.
Die Fremde, so drückt es der unvergleichliche Günther Kunert aus, lässt den Reisenden sich selbst fremd werden, lässt ihn außer sich und seines Alltags geraten und sich selbst am Schluss als einen Anderen, Neuen wiederfinden. "Der kürzeste Weg zu sich selbst", so drückte es einst trefflich Herman Graf Keyserling in seinem auch Welshie-Freunden warm empfohlenen "Reisetagebuch eines Philosophen" aus, "führt um die Welt". Wer von meinen empfindsameren Hundefreunden hätte unter südlichem Himmel an sich selbst nicht schon einmal jene stärke Bereitschaft zur Lebhaftigkeit, zum Gestikulieren, zur Öffnung des Herzens bemerkt? Sind Phantasie und Vorstellungskraft an diesem Vorgang beteiligt, so erhöht sich auch die Intensität des Lebens - wir verfallen in eine Art permanenter Ekstase als Dauerzustand des Reisens. |